ROLEX | DER SONDERFALL

» Die könnten ein U-Boot
zum Fliegen bringen


Wenn immer über Rolex gesprochen wird, geschieht es meist voller Bewunderung. Das hat gute Gründe. Und ganz viel mit Hans Wilfsdorf zu tun.

Watch Around

Wenn dieser Tage über das künftige Sein oder Nichtsein der Uhrenmesse Baselworld debattiert wird, dann gibt es einen Namen, der mit Garantie genannt wird: Rolex. Steigt Rolex aus, so sind sich alle Beobachter einig, stirbt die Basel­world. Macht Rolex weiter mit, ist ein Weiterleben möglich.

Rolex ist eine Klasse für sich – ein Monument. Zwar gibt es durchaus Marken, die mehr Uhren produzieren. Und es gibt Marken, die teurere Uhren bauen. Aber es gibt keine Einzelmarke, die annähernd an den Umsatz von Rolex herankommt: Rund fünf Milliarden Franken dürften es sein.

Rolex ist ein Gigant – und viel mehr als das. Keine Marke steht so sehr für den Erfolg wie die Marke mit dem Kronen-Logo. «Wer mit 50 keine Rolex hat, hat es in seinem Leben zu nichts gebracht», witzelte einst der französische Starwerber Jacques Séguéla. Und irgendwie gilt das nach wie vor, selbst im Silicon Valley: Wer dort ­reüssiert hat, zeigt das auch heute meist mit einer Rolex am Handgelenk.

Rolex war anderen voraus – von der ersten Stunde an. Als die meisten Marken noch Taschenuhren bauten, weil der Mann von Welt eine Zwiebel an der Kette trug, setzte Rolex-Gründer Hans Wilsdorf auf die Armbanduhr. Und als die Konkurrenz nachzuziehen begann, kam Rolex mit der wasserdichten Uhr, Oyster genannt. Auch hier zogen zwar viele nach – aber Rolex hatte geschwind ein Brikett draufgelegt und die Rolex Oyster Perpetual lanciert, die Uhr mit automatischem Aufzug.


Der Visionär

Hans Wilsdorf war ein Visionär – auch was den Einsatz von Markenbotschaftern anbelangt. Zum Beispiel für das Bewerben seiner wasserdichten Oyster: Die Schwimmerin Mercedes Gleitze trug am 7. Oktober 1927 die Uhr beim Durchqueren des Ärmelkanals, ohne dass das gute Stück dabei Schaden nahm. Die Aktion wurde per Inserat auf der ersten Seite der «Daily Mail» in die Welt hinaustrompetet und war der Auftakt einer atemberaubenden Karriere der Uhr. Als später Sir Edmund Hillary und Tenzing Norgay 1953 als Erste den Mount Everest bestiegen, waren Rolex-Uhren dabei. Und 1960 glitt ein Rolex-Sondermodell 10’916 Meter tief in den Marianengraben – befestigt am Tiefseetauchboot von Jacques Piccard. 

Wilsdorfs Gespür für gute Reklame zeigt sich auch im Namen der Marke. Maximal fünf Buchstaben lang sollte er sein, in allen europäischen Sprachen leicht auszusprechen, einprägsam und auf einem Zifferblatt schön anzusehen. «Ich probierte alle erdenklichen Kombinationen aus», schrieb er. «Eines Morgens, während ich auf dem oberen Deck eines Pferdeomnibusses durch die Innenstadt Londons fuhr, flüsterte mir eine innere Stimme das Wort Rolex zu.»

Rolex ist ein Sonderfall, eine eigene Liga. Der wohl grösste Goldverarbeiter der Schweiz hat bisher alles richtig gemacht – auch in den grossen Krisen, in der Quarzkrise etwa. Früh erkannte man, dass Quarzuhren im Luxussegment nicht wirklich eine Zukunft hätten. Parat wäre man gewesen: Rolex war an der Entwicklung des Schweizer Quarzkalibers Beta 21 massgebend beteiligt und baute auch eine kleine Serie mit diesem Werk.

Wer eine Rolex besitzt, so geht das Bonmot, hat sozusagen Bargeld am Arm: Die Uhr lässt sich immer verkaufen. Wer ein rares Exemplar ergattert hat, wird dabei sogar richtig Geld verdienen.

Wenn immer über Rolex gesprochen wird, geschieht es meist voller Bewunderung. «Die könnten ein U-Boot zum Fliegen bringen», sagte etwa der prominente Zürcher Uhrenhändler René Beyer. «Es würde funktionieren.»

Ohne Rolex, so viel ist klar, gibt es keine Baselworld mehr. Aber wenn umgekehrt jemand die Baselworld nicht nötig hat, dann ist es sicher Rolex. |


 

Aus Watch Around N° 36
März/April 2019

 
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INHALTSVERZEICHNIS:
Sonderfall Rolex | Carl F. Bucherer | Inkubator | Riskers | Gérald Genta | Louis Erard | Chronoswiss | Beat Haldimann | Smartwatch | Swatch Flymagic | TimeForge | Utinam | Aldo Magada, Anonimo u. Vulcain | Rolf Portmann, Oris | Interview Vijesh Rajan, CEO Favre-Leuba | Albert Keck | Ikepod | IWC | Casio | Interview Julien Tornare, CEO Zenith | Citychamp | TAG Heuer und die Börse | Michel Navas, Louis Vuitton | Manufakturbesuch Cartier