REXHEP REXHEPI | NEUSTART

Auf der Suche nach dem eigenen Weg


Plötzlich signiert er seine Uhren statt mit dem Markenlogo «Akrivia» mit seinem eigenen Namen: Der talentierte Rexhep Rexhepi erfindet sich neu.

Stéphane Gachet

Mit 25 denkst du nicht über Risiken nach. Deine einzige Sorge ist es, eine Uhr auf deine eigene Art zu machen.» Diese Worte spricht Rexhep Rexhepi, und genau 25 Jahre alt war er, als er sich selbständig machte. Inzwischen ist er 32 und beginnt zu verstehen, was es wirklich bedeutet, eine Uhr «auf seine eigene Art zu machen». 

Zuerst war die Ausbildung: drei Jahre bei Patek Philippe, zwei bei BNB, zwei bei François-Paul Journe. Dann startete Rexhep Rexhepi mit der Ambition durch, es wie die Grossen zu tun und eine eigene Marke zu gründen. Es war die Geburtsstunde von Akrivia, was griechisch ist und auf Deutsch Präzision heisst. Er suchte seinen eigenen Stil, wollte beeindrucken, liess sich in kunstvollen Schwarz-Weiss-Bildern porträtieren, suchte seinen Weg. Und er stieg direkt in die Königsklasse ein: Seine erste Kreation war ein Tourbillon, entwickelt mit MHC (Manufacture Hautes Complications, Genf). Darauf folgte eine Minutenrepetition, die ihn aufs Parkett des renommierten Grand Prix d’Horlogerie de Genève brachte.

Von der Wirklichkeit eingeholt

Er genoss das Renommee, schwebte auf Wolke sieben – und wurde jäh von der Wirklichkeit eingeholt, von der «Härte des Geschäftsalltags», wie er sagt. Das Produkt war zwar auf hohem Niveau angesiedelt, der Uhrmacher indes fühlte sich irgendwie «neben den Schuhen». Die letzten drei Jahre waren, so sein heutiges Fazit, «ehrlich gesagt kompliziert». Er musste gleichzeitig überall sein. Er lief hektisch hinter den Verkäufen hinterher. Und irgendwann verstand er, dass die Sammler von ihm etwas anderes erwarteten. «Warum eine eigene Marke?», war plötzlich die Frage: «Sie beeindruckt Multimillionäre nicht. Die suchen etwas Authentisches. Wenn Sie mit ganz kleinen Stückzahlen arbeiten, müssen Sie nur ein paar Leute berühren und ihr Vertrauen gewinnen.»

Um Vertrauen zu gewinnen, so glaubt er inzwischen herausgefunden zu haben, gebe es nur einen Weg: Gelassenheit. Seine neueste Kreation steht symbolisch dafür: Sie hat Stunden- und Minutenzeiger, eine kleine Sekunde sowie ein Zifferblatt aus Email. Das ist es dann. 

Rexhepi sieht die Uhr als Echo auf Staruhrmacher Philippe Dufour und dessen mythische Simplicity-Uhr. «Ich habe das Markenlogo entfernt», sagt der 32-Jährige. «Die Kundschaft will eine Seele, eine Geschichte, keine Kinkerlitzchen. Am Ende ist es einfach, echt zu sein; man muss sich nur auf Produkt und Qualität konzentrieren und auf eine natürliche Art Geschäfte machen.» 

Geschäfte machte er, Monsieur Rexhepi. In sieben Jahren hat er fast fünfzig Uhren verkauft, was angesichts von deren Preis und seinem noch nicht wirklich grossen Bekanntheitsgrad eine Leistung ist. Doch er sieht es nur als Anfang. Die Basler Uhrenmesse 2018 bleibt ein Meilenstein: «Es war ein Erfolg und der Beweis, dass die Nachfrage vorhanden ist.» Werden alle Aufträge bestätigt, werden die Kunden 18 Monate auf ihre bestellten Uhren warten müssen.

Rexhep Rexhepi freut sich derweil auf schöne Stunden in seiner Genfer Werkstatt, einer kleinen Insel für Enthusiasten im Herzen der Genfer Altstadt. Der Uhrenmacher arbeitet dort mit seinem Bruder, Uhrmacher auch er, zwei weiteren Uhrmachern, einem Konstrukteur und sogar einem Lehrling. Ein fünfter Uhrmacher wird diesen Sommer das Team ergänzen, und dazu wird eine Stelle für die Administration geschaffen. In seiner Werkstatt empfängt Rexhepi gerne Sammler – «sie finanzieren meine Leidenschaft», sagt er. Das Grösste indes bleibe für ihn die Kreation, «die Freude, Dinge einfacher zu machen». 

Er denkt schon an die Jahre 2048 oder 2058, mit einer festen Absicht: Werte für ihn, für seine Mitarbeiter, für seine Sammler zu schaffen. «Ich werde keine Abstriche an diesem Traum zulassen.» 15 bis 20 Uhren pro Jahr will er im nächsten Jahrzehnt produzieren – mehr nicht. Einen kleinen Wahnsinn will er sich dennoch leisten: Die Anschaffung einer computergesteuerten CNC-Maschine ist fest eingeplant.

Die Marke Akrivia gibt Rexhep Rhexepi übrigens nicht ganz auf, sie wird das Vehikel zum Vermarkten seiner komplizierteren Kreationen. Etwa für die im letzten Jahr präsentierte AK-06, die einiges an Know-how in sich vereint, ästhetisch auffällt und mit einer gehämmerten Platine aus Gold brilliert. Es sei eine philosophische Frage, sagt er: «Die Schweizer Uhrmacherei ist wie der Gruss am Morgen – eine Sache der Höflichkeit und der guten Erziehung. Man muss das respektieren und weiterpflegen.» So sah er es schon als 16-Jähriger, als er aus Kosovo einwanderte und bald seine neuen Helden entdeckte: Uhrmacher wie Kari Voutilainen, Philippe Dufour, François-Paul Journe. |


 

Aus Watch Around N° 28
Mai 2018

 
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INHALTSVERZEICHNIS:
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